Jahresbericht 2015

Liebet Eure Feinde!

Der ägyptisch-stämmige Künstler Tony Rezek hat kurz nach der brutalen Enthauptung von 21 Christen in Libyen im Januar 2015 eine Ikone zu Ehren der Getöteten geschaffen. In seinem Internetblog schreibt er, was ihn dazu bewogen hat:

Als ich mit meinen Eltern an einem kühlen Samstagnachmittag in der Küche saß, schaltete ich den Fernseher ein, wo sie von dem Video sprachen, das ISIS in Libyen veröffentlicht hat. Das Video zeigt die brutale Enthauptung von 21 koptisch-orthodoxen Christen. Als ich mir dann auf meinen i-Pad das Video anschauen wollte, rutschte mir das Herz in die Hose, ich begann zu zittern und bekam schreckliche Angst. Es war unwirklich etwas anzuschauen, was wie ein Film daherkam, allerdings wurden hier keine Schauspieler sondern ganz normale Menschen von maskierten Männern zur Hinrichtung geführt. Mir wurde bewusst, dass ich gerade etwas sah, mit dem wir koptischen Christen alle aufwachsen: die Geschichten der Heiligen und Märtyrer, die wegen ihres Glaubens an Christus geköpft worden waren.

Natürlich zeigte das Fernsehen nicht, wie die Menschen wirklich enthauptet wurden und ich persönlich wollte mir das auch gar nicht anschauen. Zum einen, weil ich schrecklich zornig geworden wäre. Andererseits halte ich es körperlich nicht aus, so etwas zu sehen. Trotzdem entschied ich mich später am Tag dazu, mir die ganzen fünf Minuten anzuschauen. Ich sah, wie ein maskierter Mann von der „feindlichen ägyptischen Kirche“ sprach, zu der ich gehöre. Er sagte auch, dass dies ein Vergeltungsschlag für eine Sache sei, die vor einigen Jahren in Ägypten passiert ist.

Als ich sah, wie diese christlichen Männer gezwungen wurden, sich auf den Bauch zu legen und wie Messer durch ihre Kehlen schnitten, hörte ich Schreie „Ya Rab Ya Yassoo“, was wörtlich übersetzt „Mein Herr, Jesus Christus“ heißt. Als ich das hörte, wurde ich erfüllt von Schmerz, Qual, Ekel, Wut und größter Verachtung. Ehrlich, nichts kann beschreiben, was wir alle in der Gemeinschaft der Kopten an diesem Sonntag fühlten, als wir sahen, wie 21 unserer Brüder geschlachtet wurden wie Tiere. Das Ausmaß der Grausamkeit innerhalb des Islamischen Staates liegt jenseits allen Verständnisses und sicher auch jenseits aller Worte.

Einer meine Freunde war auch sehr wütend und wir sprachen über unseren Hass auf diese Männer, die ein solch feiges Verbrechen begangen hatten. Wir sprachen darüber, wie einfach es für uns ist, sie zu hassen, aber wie sehr das gegen die Lehre Jesu verstoßen würde, der uns lehrte, unserer Feinde zu lieben, sie zu segnen und nicht zu verfluchen, und für diejenigen zu beten, die uns verflogen. Hass ist ein Gift; wenn du ihm einmal erlaubst in dein Herz zu gelangen, wird es allmählich deine Sinne zerstören, deine Gefühle, deine Menschlichkeit und am Ende wird es die Macht über dein Leben bekommen. Deswegen hat uns der Herr geboten, unsere Feinde zu lieben, um unserer selbst willen, damit wir lernen, rein und heilig zu sein und voller Liebe wie unser Vater im Himmel.

Hinrichtung einer ausländischen Geisel

Am 22. Juli 2015 wurde ein 31-Jähriger kroatischer Familienvater am Stadtrand von Kairo verschleppt. Er arbeitete für die ägyptische Tochterfirma eines französischen Erdölunternehmens. Der Vater zweier Kinder war der erste Ausländer, den der ägyptische IS-Ableger entführte. In einem Video der Entführer sah man ihn, wie er von einem Papier ablesen musste, dass er binnen 48 Stunden hingerichtet werde. Diesem Schicksal könne er nur entgehen, wenn die ägyptische Regierung einige inhaftierte „muslimische Frauen“ freiließe. Darauf war die Regierung nicht eingegangen.

Neu und beunruhigend ist, dass der Kroate so nah an der ägyptischen Hauptstadt in die Fänge der Dschihadisten geriet, die sich sonst auf der nur noch schwer zugänglichen Halbinsel Sinai aufhalten. Die Entführung des Kroaten ist die erste Geiselnahme eines Ausländers seit Mursis Sturz. Es handelt sich außerdem um den ersten Fall, in dem der ägyptische IS in einem Video eine ausländische Geisel präsentiert.

Dank

Gerade in den Zeiten des Terrors und der Ungewissheit sind Menschen auf unsere Solidarität angewiesen. Durch unsere langjährige Partnerschaft und den guten Kontakt zu den Schwestern der „Daughters of Saint Mary“ (DSM) sind wir in der Lage, den Ärmsten der Armen zu helfen.

Ganz herzlich danken wir allen Gemeinden, Institutionen und Einzelspendern für die Unterstützung.

Schreibe einen Kommentar