Derzeitige Herausforderung

Die Nation, die Anfang 2011 geeint gegen Hosni Mubarak protestierte, ist heute tief gespalten. In den vergangenen zwei Jahren wurde das soziale Gefüge Ägyptens zerstört. Heute gibt es zwei Lager, die gegeneinander kämpfen. Was aber bedeutet dies nun für die Arbeit der Schwestern?

Mehr als bisher werden die Rechte von Christen radikal beschnitten und Kopten als Menschen zweiter Klasse behandelt. Selbst Kapitalverbrechen bleiben gerichtlich ungesühnt, wenn es sich bei den Geschädigten um „Ungläubige“ – also: um Christen – handelt. Diese veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse zwingen die Schwestern im Müllgebiet, sich nun auch um ihre eigene Sicherheit zu kümmern.

In Ezbet el Nakhl wurden die Sicherheitszäune um das Salam Center und die Mahabba Schule erhöht. Überwachungskameras und bewaffnetes Wachpersonal sichern die Anlagen gegen Plünderer, ehemalige Sträflinge und radikale Islamisten. Eine Sondersteuer auf Lehrergehälter der Mahabba Schule stellte die Existenz der Schule in Frage.

In Beni Suef reagieren die Schwestern auf die gesteigerte Not in der Bevölkerung mit einer neu installierten Armenspeisung. „Die einen haben Hunger und haben kein Geld. Die anderen haben Geld und werden dennoch nicht satt.“, so beschreibt Sr. Amalia die Situation in Ägypten. Sr. Amalia ist eine deutschsprechende Ordensschwester die mehrere Kindergärten führt und seit 1987 den DSM angehört.

Über 6 Millionen Arbeitslose gibt es zurzeit in Ägypten, die hauptsächlich aus der Tourismusbranche stammen. Viele haben ihre Familien in den Dörfern unterstützt. Dazu sind die Lebensunterhaltungskosten im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen. „In dieser besonderen Zeit müssen wir den Armen und Kranken helfen und sie unterstützen. Ihnen fehlt das tägliche Brot, ihre Kinder hungern.“ Schwester Amalia ist in der Diözese unterwegs, spricht mit den Priestern der Gemeinden und erfährt so von vielen Bedürftigen, die sie zu einer monatlichen Armenspeisung einlädt. Sie sucht für alle nach einer Perspektive. Jeder der kommt, erhält ein Lebensmittelpaket mit Grundnahrungsmitteln, für den nächsten Monat und 50 LE (Ägyptische Pfund, dies entspricht 5,- €). Über 150 Familien – Witwen, Kinder, Kranke und alte Menschen warten auf ihre Hilfe. Schwester Amalia sagt: „Ich hänge an Gottes Hilfe und spüre täglich SEINE Liebe. Ich sehe, dass viele Menschen in Not sind. Meine Mittel sind begrenzt und doch erfahre ich, dass Gott mir hilft, das Leid zu lindern und dass es Menschen gibt, die mich darin unterstützen.“

Für die Schwestern wird es immer schwieriger und gefährlicher ihre Arbeit in den Dörfern fortzusetzen. Öffentliche Programme sind eingestellt worden, andere Zuschussgeber haben ihre Förderung gestoppt. Weil fundamentalistische Muslime die Genitalverstümmelung als zugehörig zur Religion erklärt haben, ist diese Arbeit für die Schwestern nun besonders gefährdend.

Seit 1979 wird die Arbeit der Schwestern der DSM von den Gemeinden des Kirchenkreises Moers (Evangelische Kirche im Rheinland) und einem großen Unterstützerkreis gefördert. Begleitet wird diese Partnerschaftsarbeit durch den Entwicklungshilfeausschuss des Kirchenkreises, mit jeweiliger Unterstützung der Superintendenten, wie z.B. dem heutigen EKD Ratsvorsitzenden Dr. h.c. Nikolaus Schneider und dem Vorstandsvorsitzenden der Kindernothilfe Dr. Jürgen Thiesbonenkamp.

Pastor Dietmar Boos

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