„Gebt den Menschen Eure Liebe. Darin werden sie Jesus erkennen.“

Der Kirchenkreis Moers unterhält seit 40 Jahren eine Partnerschaft zu den „Daughters of St. Mary“ (DSM) der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten. Eine Delegation aus dem Kirchenkreis besuchte vom 26.04. bis zum 04.05.2019 die Partner: Pastor Dietmar Boos, Leiter des Entwicklungshilfeausschusses, Edith Schwarz, Mitglied im Ausschuss, Pfarrerin Barbara Weyand, Mitglied des KSV und ich.
24 Schwestern of St. Mary leben und arbeiten in Ezbeth el Nakhl, dem zweitgrößten Müllgebiet Kairos.

Schwester Maria leitet das Salam-Center, welches mitten im Müllgebiet Ezbet el Nakhl liegt. Als in den 70er Jahren die Schwester der Daughters of Saint Mary (DSM) von einer belgischen Ordensschwester gebeten wurden, den Menschen im Müllgebiet zu helfen, fanden sie schlimme Verhältnisse vor: Die Menschen lebten in Hütten mitten im Müll, ohne fließend Wasser und Elektrizität. Ein Drittel der Neugeborenen starben aufgrund mangelnder Hygiene, es gab keine ärztliche Versorgung und nur sehr wenige Kinder besuchten die Schule. Viele Menschen hatten keine Papiere und damit keine Rechte: „es gab sie nicht“.
Die Schwestern begannen mit einer „Klinik de luxe“, wie Dr. Adel es beschrieb. Ausgestattet nur mit Liege, Thermometer und Stethoskop. Daraus ist heute ein großes Krankenhaus mit allen Fachabteilungen geworden. In der Sozialberatung wird Menschen, die nicht lesen und schreiben können geholfen, Papiere zu beantragen. Außerdem beherbergt das Salam Center einen Kindergarten, eine Behinderteneinrichtung mit Werkstätten und Wohnheim, eine Berufsschule und noch manches mehr.

Dr. Adel

Schwester Demiana leitet die Mahaba-School. Die Schule wurde Mitte der 70er Jahre eröffnet und bietet den Kindern der Müllsammler/innen die Chance, ein Leben unter besseren Bedingungen zu führen. Die Kinder erhalten täglich eine warme Mahlzeit, Mitarbeiterinnen der Ambulanz achten auf die Gesundheit, und Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten erhalten Nachhilfeunterricht.
Heute besuchen über 2500 Kinder und Jugendliche die Schule, die bis zum Abitur führt. Der langfristige Erfolg zeigt sich auch darin, dass 15 der 133 Lehrerinnen und Lehrer der Schule selbst aus Müllsammler-Familien stammen.
Ein weiterer wichtiger Schritt bestand darin, für die Müllsammlerfamilien Häuser und Wohnungen bereit zu stellen. Dort gibt es fließend Wasser und Elektrizität, Hygiene ist ebenso gewährleistet wie ein Platz, um auch abends Hausaufgaben machen zu können. Für 95% der Familien wurde dies bereits umgesetzt.

Bischof Athanasius

Der Orden der Daughters of St. Mary wurde 1965 von Bischof Athanasius gegründet. Er war Bischof in Beni Suef, einer Millionenstadt 120 km südlich von Kairo. Er gründete den Orden, um sich für die Frauen in den Dörfern rund um Beni Suef einzusetzen, deren Lebensbedingungen zum einen aufgrund der Armut und zum anderen aufgrund der weit verbreiteten Genitalverstümmelung besonders hart waren. In Beni Suef leben und arbeiten über 80 Schwestern, und es kommen immer mehr hinzu.
Schwester Amalia leitet einen Kindergarten in Beni Suef, den 500 Kinder besuchen. Mit vielfältigen Ideen und Erfahrungen bildet sie die Erzieherinnen weiter und erstellt gemeinsam mit ihnen Materialien, die das Lernen bei den Kindern fördern. Ihre Arbeit findet so große Beachtung, dass Schwester Amalia nun die Leitung eines weiteren Kindergartens mit über 1000 Kindern angetragen wird. Darüber hinaus organisiert Schwester Amalia die Armenspeisung. Bis zu 300 notleidende Familien, christliche wie muslimische, erhalten monatlich ein Paket mit Grundnahrungsmitteln.

Dorfentwicklung – Schwester Joanna

Schwester Joanna  leitet als Ärztin das Dorfentwicklungsprogramm in den Dörfern rund um Beni Suef. Wir dürfen bei einem Treffen teilnehmen. Erstes Thema ist die weibliche Genitalverstümmelung, die seit dem antiken Ägypten praktiziert wird (erster Nachweis aus dem Jahr 163 v.Chr.) und von der heute etwa 85 % aller Ägypterinnen betroffen sind. Eine Frau in schwarzer Kleidung sagt: „Ich habe vier Töchter. Kurz bevor mein Mann starb, habe ich mit ihm besprochen, dass die Mädchen nicht beschnitten werden.“ Eine andere fährt fort: „Meine Tochter heiratet heute, sie ist nicht beschnitten.“

„Und“, fragt Schwester Joanna, „hat der Ehemann gefragt, ob sie beschnitten ist?“ „Nein!“ antwortet die Frau. „Das ist gut“, so erklärt uns die Schwester. „Denn im Dorf hat vor einiger Zeit ein Mann seine Verlobung wieder gelöst, weil er erfahren hatte, dass die Frau nicht beschnitten war. Der Kampf gegen Genitalverstümmelung gelingt nur, wenn wir die Männer mitnehmen.“ Eine dritte Frau berichtet. „Meine Tochter ist verheiratet und hat ihre beiden Töchter nicht beschneiden lassen.“ In dieser Familie ist es geschafft. Diese Frauen werden auch ihre Töchter nicht mehr verstümmeln lassen.

Die Dorfentwicklung ist noch in vielen weiteren Bereichen aktiv: Frauen werden dabei beraten und unterstützt, ihr Lebensumfeld zu verbessern. Baumaßnahmen im Haus wie z.B. Elektrizität oder ein neuer Boden werden mit 80% bezuschusst, wenn die Familien selbst 20% beisteuern. Frauen werden ermutigt und ausgebildet, ein Gewerbe zu eröffnen und somit etwas zum Familieneinkommen beizutragen. Einen besonderen Wunsch äußern die Frauen: „Wir möchten einen Kurs, um Lesen und Schreiben zu lernen!“ Schwester Joanna wird sich darum kümmern.

Die noch junge Schwester Priscilla leitet das Zentrum für Dorfentwicklung in Sidment, einem Dorf bei Beni Suef. Dort befinden sich neben einem Kindergarten und einer Schule auch Ausbildungsbetriebe für Frauen: eine Schneiderei, eine Weberei.

Ich bin fasziniert von den Schwestern. Sie tun genau das, was vor vielen Jahren Bischof Athanasius ihnen auftrug: Sie geben den Menschen ihre Liebe, wie es uns Christus aufgetragen hat.

Martje Mechels

Schreibe einen Kommentar